Pflegefall – was nun?
Das ganze Leben ändert sich, wenn der Pflegefall eintritt: Als Betroffener oder Angehöriger sind Sie plötzlich auf Hilfe angewiesen. Zwar sind die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung seit 2017 verbessert worden, trotzdem decken sie die Kosten für Pflege nicht komplett. Wir zeigen, was Sie im Pflegefall beachten sollten und warum eine private Pflegeversicherung Sie und Ihre Angehörigen vor dem Verlust Ihrer Ersparnisse schützen kann.
Aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit können Sie – unabhängig vom Alter – nicht mehr allein zurechtkommen und pflegebedürftig werden. Dann tritt die gesetzliche Pflegeversicherung in Kraft. Doch was passiert nun Schritt für Schritt?
Wie wird der Pflegegrad festgestellt?
Sie müssen einen Antrag bei Ihrer Krankenkasse bzw. als privat Versicherter bei Ihrer Versicherung stellen. Ob und in welcher Höhe Sie leistungsberechtigt sind, hängt vom jeweiligen Pflegegrad ab. Dieser wird durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung bzw. durch Medicproof festgestellt.
Seit Januar 2017 gelten fünf Pflegegrade, um den Pflegebedarf abzubilden. Statt die Minuten zu zählen, die ein Pflegebedürftiger an Hilfe benötigt, wird nun beurteilt, wie selbstständig er noch ist. Daraus ergibt sich die Einstufung in einen Pflegegrad. Untersucht werden:
- Mobilität des Pflegebedürftigen
(z.B. aufstehen, Fortbewegung in der Wohnung, Treppen steigen) - Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
(z.B. verstehen und reden, Orientierung am Ort und in der Zeit, Sachverhalte und Gesprächsinhalte begreifen) - Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
(z. B. Unruhe in der Nacht, belastende Ängste oder Aggressionen, Abwehr pflegerischer Maßnahmen) - Grad der Selbstversorgung
(z.B. selbstständiges Waschen und Ankleiden, Essen und Trinken, selbstständiger Toilettengang) - Umgang mit krankheitsspezifischen/therapiebedingten Anforderungen
(z.B. selbstständig Medikamente einnehmen oder Blutzucker messen und deuten, mit Prothese oder Rollator zurechtkommen, Arzt selbstständig aufsuchen) - Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
(z. B. Tagesablauf gestalten, mit anderen Menschen in Kontakt treten können)
Erstmals werden Menschen mit geistigen und seelischen Beeinträchtigungen, etwa mit Demenz, in gleicher Weise berücksichtigt wie körperlich beeinträchtigte Menschen.
Wie organisiere ich Pflege?
Das fragen sich alle, die noch keine Erfahrungen damit haben. Wir geben einen Überblick – je nachdem, wo Pflege stattfindet, welche Leistungen in Anspruch genommen werden und wer sie ausübt. Eines vorweg: Alle Pflegebedürftigen haben zusätzlich zu Pflegegeld und Pflegesachleistung Anspruch auf einen monatlichen Entlastungsbetrag von 125 Euro. Davon können beispielsweise Angebote zur Unterstützung im Alltag oder Leistungen zur Entlastung des pflegenden Angehörigen finanziert werden.
Pflegegeld erhalten Versicherte, wenn Angehörige oder andere Bezugspersonen die Pflege zuhause übernehmen. Grundsätzlich können Sie über die Verwendung des Pflegegeldes frei verfügen. Die Höhe ist abhängig vom Pflegegrad. Pflegebedürftigen ab Pflegegrad 2 stehen Pflegegeld, Pflegesachleistung sowie die Kombination beider Leistungen zu, wenn sie zuhause gepflegt werden.
Um eine optimale, auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmte Pflege zu gewährleisten, ist es möglich, den Bezug von Pflegegeld mit ambulanter Pflegesachleistung (Hilfe von Pflegediensten) zu kombinieren. Das Pflegegeld vermindert sich in diesem Fall anteilig um den Wert der in Anspruch genommenen Sachleistungen.
Die Pflegesachleistung ist ebenfalls abhängig vom Pflegegrad und fällt höher aus als das Pflegegeld. Damit werden Leistungen eines mobilen Pflegedienstes finanziert, wie z.B. Hilfe bei der Körperpflege, bei Ernährung und Mobilität, bei der Bewältigung und Gestaltung des Alltags sowie im Haushalt. Es dürfen allerdings nur Pflegedienste beauftragt werden, die von der Pflegekasse zugelassen sind.
Pflegegeld lohnt sich, wenn ein Pflegebedürftiger in einem Haushalt mit einem Angehörigen lebt, der ihn rund um die Uhr voll versorgen kann. Wer keine Angehörigen hat, für den ist die Pflegesachleistung geeignet. Mit dem Betrag kann er Pflege sozusagen einkaufen. Eine Kombination aus beidem ist dann eine gute Lösung, wenn es einen pflegenden Angehörigen gibt, der aber nicht rund um die Uhr Zeit hat oder bestimmte pflegerische Leistungen nicht erbringen kann.
Beachten Sie, dass bei hohem Hilfebedarf der Pflegebedürftige häufig aus eigener Tasche zuzahlen oder beim örtlichen Sozialamt Hilfe zur Pflege beantragen muss.
Wird stationäre Pflege benötigt?
Für die vollstationäre Versorgung in einer Einrichtung für Pflegebedürftige mit den Pflegegraden 2 bis 5 übernimmt die Pflegekasse einen pauschalen Sachleistungsbetrag. Dessen Höhe hängt vom jeweiligen Pflegegrad ab. Er kann für die Betreuung im Heim, den Pflegeaufwand und die medizinische Behandlungspflege verwendet werden.
Wie hoch ist der Eigenanteil?
Wichtig zu wissen: Für die Betroffenen kommt es in der vollstationären Pflege nicht auf die Höhe der Leistungsbeträge der Pflegekasse an, sondern auf die Höhe des Eigenanteils, der aus eigener Tasche bezahlt werden muss.
Bisher stieg der pflegebedingte Eigenanteil mit zunehmender Pflegebedürftigkeit. Dies ist seit 1. Januar 2017 nicht mehr der Fall, weshalb viele Pflegebedürftige entlastet werden. Alle Pflegebedürftigen der Pflegegrade 2 bis 5 bezahlen jetzt in einem Pflegeheim den gleichen pflegebedingten Eigenanteil. Hinzu kommen allerdings noch Kosten für Verpflegung, Unterkunft und Investitionen. Und diese unterscheiden sich von Pflegeheim zu Pflegeheim.
Anhand der Leistungs- und Preisvergleichslisten, die die Pflegekassen kostenfrei zur Verfügung stellen, erhalten Sie einen Überblick über zugelassene Pflegeheime und die dort jeweils geltenden Pflegesätze sowie die übrigen berechenbaren Kosten.
Jetzt privat vorsorgen!
Obwohl die Leistungen der gesetzlichen Pflegeversicherung seit diesem Jahr verbessert worden sind, reichen sie nicht aus, um die Pflegekosten vollständig zu decken. Sie bietet nur eine Grundversorgung und ein Eigenanteil bleibt bei Ihnen oder Ihren Angehörigen. Angespartes Vermögen kann schnell dafür aufgebraucht werden. Damit Sie sich im Pflegefall keine finanziellen Sorgen machen müssen, empfehlen wir eine private Pflegezusatzversicherung, die sogar staatlich gefördert wird. So können Sie Ihren Eigenanteil deutlich reduzieren und eine bedarfsgerechte Betreuung und Pflege sicherstellen.
Ein Beispiel:
Ein Platz im Pflegeheim kann in Pflegegrad 5 rund 3.500 Euro pro Monat kosten. Die gesetzliche Pflegeversicherung zahlt rund 2.000 Euro. Den Rest müssen Sie und Ihre Familie aufbringen. Hier kann die private Pflegeversicherung einspringen.
Das sind die Leistungen im Überblick:
- Bezahlt bei körperlicher, geistiger und psychischer Erkrankung
- Absicherung für alle fünf Pflegegrade
- Pflegekosten werden über die gesetzliche Leistung hinaus übernommen
Staatliche Förderung für private Vorsorge
Sie zahlen pro Monat mindestens zehn Euro in die Pflegevorsorge und erhalten jährlich eine staatliche Förderung von 60 Euro. Übrigens: Es ist sinnvoll, früh damit zu beginnen, denn je jünger Sie beim Abschluss sind, desto höher ist die Leistung, die Sie über die geförderte Pflegeversicherung erhalten.
Welche Vorsorgeform schützt Sie optimal? Wir beraten Sie gern.
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