Ehepartner dürfen sich jetzt im Notfall vertreten
Wer verheiratet ist, kann sich seit Anfang des Jahres bei einem Notfall von seinem Ehegatten in Gesundheitsfragen vertreten lassen. Das war bisher nicht so. Allerdings gilt dieses Notvertretungsrecht nur zeitlich befristet. Lesen Sie hier, was es mit der Neuregelung auf sich hat.
In Gesundheitsfragen trifft jeder seine eigenen ganz persönlichen Entscheidungen. Was aber, wenn man aufgrund einer Krankheit oder eines Unfalls nicht mehr handlungsfähig ist? Dann darf seit Januar der Ehepartner diese Entscheidungen treffen.
Denn mit der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts wurde die sogenannte Ehegattennotvertretung eingeführt. Sie steht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in Paragraf 1358. Bis zu sechs Monate können sich Ehegatten jetzt bei Gesundheitsfragen vertreten, wenn der andere seine Angelegenheiten aufgrund von Bewusstlosigkeit oder Krankheit rechtlich nicht selbst besorgen kann.
Was fällt unter den Begriff „Gesundheitsfragen“?
Das bedeutet, dass die vertretenden Ehepartner beispielsweise …
… in Behandlungen und ärztliche Eingriffe einwilligen können – oder diese ablehnen dürfen. Der vertretende Ehepartner entscheidet also beispielsweise, ob eine Operation durchgeführt oder ein spezielles Medikament gegeben werden soll. Dabei muss er immer das beachten, was sein Partner in einer solchen Situation vermutlich wollen würde.
… Verträge über Maßnahmen in der Reha, der Pflege oder in Zusammenhang mit Behandlungen oder Krankenhäusern schließen können.
… über freiheitsentziehende Maßnahmen wie ein Bettgitter oder einen Bauchgurt entscheiden. Dies allerdings nur für die Dauer von sechs Wochen.
Im Rahmen des Notvertretungsrechts sind die behandelnden Ärzte von ihrer Schweigepflicht dem vertretenden Ehegatten gegenüber entbunden.
Für welche Ehepaare gilt die neue Regelung nicht?
Es gibt jedoch auch Konstellationen, in denen die Ehegattennotvertretung nicht gilt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Ehepartner nicht zusammenleben oder der betroffene Ehepartner eine Vertretung ablehnt und der Arzt das weiß, oder wenn der Betroffene eine andere Person als Vertreter bestimmt hat.
Warum ist die Vertretung zeitlich begrenzt?
Ehepartner durften sich bisher nur vertreten, wenn eine Vorsorgevollmacht vorlag, die die Gesundheitsfürsorge im Notfall entsprechend regelt. Gab es diese Vollmacht nicht, musste das Betreuungsgericht einen rechtlichen Betreuer des erkrankten Ehepartners bestellen. Sehr oft war das dann der Ehepartner. Um die Abläufe zu entbürokratisieren, wurde die Ehegattennotvertretung eingeführt. Weil es allerdings Fälle geben kann, in denen eine solche Vertretungsfunktion missbraucht wird, gilt sie nur für den Notfall zeitlich befristet auf sechs Monate.
Im Verlauf dieser Zeit geht es dem Betroffenen unter Umständen besser, sodass er wieder selbst Entscheidungen treffen beziehungsweise seine Vertretung in gesundheitlichen Fragen regeln kann. Oder das Betreuungsgericht legt fest, dass der Ehepartner künftig auch Betreuer ist. Dann muss er regelmäßig dem Gericht Rechenschaft ablegen.
Welche Rolle spielt die Vorsorgevollmacht beziehungsweise Betreuungsverfügung?
Ehepartner können die Notvertretung umgehen, indem sie eine Vorsorgevollmacht oder eine Betreuungsverfügung aufsetzen. Der Unterschied ist, dass Betreuer beispielsweise aufgrund einer entsprechenden Verfügung vom Betreuungsgericht eingesetzt und kontrolliert werden. Wer durch eine Vollmacht bestimmt ist, die Geschäfte eines anderen zu führen, muss vor Gericht dagegen keine Rechenschaft ablegen. Beides hat Vor- und Nachteile.
Tipp: In vielen Städten und Kommunen gibt es Betreuungsvereine. Dort kann man sich zu diesem Thema informieren und dann die individuell passende Lösung finden.
Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz stellt eine Broschüre „Betreuungsrecht“ zur Verfügung, in der die Unterschiede ausführlich erläutert werden. Dort gibt es auch eine Muster-Betreuungsverfügung zum Herunterladen.